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Sag mal – was macht eigentlich …

 

Sag mal, Tanja Eidenberg von Hussel …

 

… Sie sind Chefin in der Hussel Confiserie – wer zu Ihnen ins Geschäft kommt, um etwas besonders Leckeres zu kaufen, spürt in der Nase sofort den Duft der Versuchung. Wie widerstehen Sie eigentlich täglich der großen Naschversuchung?“

„Ehrlich gesagt – gar nicht. Ich nasche von morgens bis abends. Ob weiße Schokolade, Gummibärchen, Mandelstreifen, Lakritze, Bonbons – nur nicht Nougat. Es gibt keinen einzigen Tag, an dem ich nicht nasche…im Moment gönne ich mir am liebsten Tiramisu Trüffel …wenn ich die nasche, geht mir das Herz auf.“

Hussel Confiserie – vor mehr als 70 Jahren wurde der Grundstein für die Hussel-Erfolgsgeschichte gelegt. Zum Unternehmen gehören mehr als 200 Confiserien – Tanja Eidenberg ist Franchise-Inhaberin von Hussel im Stadtzentrum, in allerbester Lage, direkt am Marktplatz – einfach nicht zu übersehen. Und wenn es nicht die Augen sind, die die Menschen in den Laden mit den offenen Türen führen, dann ist es ein anderes Sinnesorgan – die Nase! Und wenn man erst einmal drin ist in der Confiserie, dann beginnt die Entscheidung zwischen handgefertigten Pralinen und zartschmelzenden Schokoladen, zwischen Gummibärchen zum Selberabfüllen, sauren Guten-Laune-Drops, Apfelringen, Mandelstreifen, Kirschdrillingen und, und, und. „Bei mir,“ sagt Tanja Eidenberg, „gibt es Glück in Tüten.“ Auch ein anderer Slogan prägt das Hussel-Business: „Glück lässt sich kaufen – man nennt es Schokolade.“

Sag mal, Tanja Eidenberg, wie sind Sie in dieses süße Geschäft geraten?

Die Chefin lacht ihr freundliches, charmantes Lächeln, sagt: „Ich habe mir im wahrsten Sinne des Wortes meinen Kindheitstraum erfüllt…“

Wie bitte?

„Schon als kleines Mädchen habe ich zu meiner Mama gesagt: ‚Ich werde entweder einmal Eisverkäuferin oder Süßwarenverkäuferin. Als Kind hatte ich einen Kaufmannsladen, in dem ich Süßigkeiten angeboten habe. Aber in Wirklichkeit habe ich immer nur so getan, als würde ich sie verkaufen…tatsächlich habe ich alles selbst genascht. Und meine Mama hat mir oftmals Süßes gegeben, damit ich überhaupt etwas esse.“

Sag mal, ist das wahr, oder übertreiben Sie nun ein wenig?

„Ich übertreibe nicht,“ antwortet Tanja Eidenberg und legt noch einen drauf. „Man behauptet ja, dass Süßigkeiten Falten machen. Wenn das stimmen sollte, dann müsste ich wirklich ziemlich faltig sein. Dann müsste ich aussehen wie ein Shar-Pei“

Wie bitte wer?

„Wie ein Shar-Pei. Das ist ein chinesischer Hund. Auffällig sind bei ihm die Falten am Kopf und am Rücken, die ihm den Beinamen chinesischer Faltenhund eingebracht haben.“ Tanja Eidenberg streicht mit beiden Händen über ihr Gesicht. „Sehen Sie Falten?“ – „Nein.“ – „Na, also.“

Sag mal, und wann und wie sind Sie mit Hussel Confiserie in Berührung gekommen?

„Meine Eltern und ich machten immer sehr gern im hessischen Dodenau („In Dodenau, da ist der Himmel blau“) Ferien. Und von hier aus unternahmen wir immer einen Ausflug nach Marburg…genauer gesagt zu Hussel Confiserie. Das war ein Muss. Als ich dann mit der Schule fertig war, habe ich mich mit 18 bei Hussel in Hamburg beworben und wurde angenommen. Das war 1993, also vor 28 Jahren. Seitdem bin ich bei Hussel – allerdings hat sich meine Position verändert, verbessert.“

20 Jahre lang war Tanja Eidenberg angestellte Verkäuferin in der Confiserie – und plötzlich stand sie vor einer interessanten Entscheidung, vor einer absoluten Herausforderung. Die Hussel Confiserie im Stadtzentrum sollte geschlossen werden … oder aber…

Sag mal, was oder?

„Oder jemand würde das Geschäft als Franchise-Unternehmer übernehmen! Einerseits hatte man mich entlassen – andererseits wurde mir angeboten, mich mit der Confiserie selbständig zu machen. Nach langem Hin und Her, nach ein paar schlaflosen Nächten und Gesprächen mit meinem Mann und meiner Familie habe ich gesagt; Gut, ich mach’s. Ich wage das.“

Sag mal, aber so eine Geschäftsübernahme ist doch sicher nicht ganz günstig.

„Stimmt,“ antwortet die ‚süße‘ Chefin, „aber es war möglich. Denn Hussel hat mir die Einrichtung quasi geschenkt und von meiner Abfindung, die mir nach 20 Jahren zustand, konnte ich den großen Teil MEINER Ware bezahlen.“

Sag mal, hatten denn alle in der Familie zugeraten?

„Ja, es gab tatsächlich niemanden, der mich abgehalten hat. Schließlich kannte ich den Laden seit 20 Jahren – ich wusste, was die Kunden wollen und was nicht. 20 Jahre Erfahrung, das zahlt sich doch irgendwann einmal aus. Ich steckte also voller Optimismus, und ich war wild entschlossen, diese kleine wunderbare Confiserie zu übernehmen. Halbe Sachen mache ich sowieso nie, und wenngleich ich in der Familie nachgefragt habe, muss ich sagen: Ich mache einfach sehr viel mit mir selbst aus. Und diese Entscheidung habe ich bis heute nicht bereut.“

Dennoch – es ist ja ein riesengroßer Unterschied, in einem Unternehmen angestellt zu sein oder selbst die Verantwortung für ein Geschäft zu haben! Einkauf, Verkauf, Mitarbeiter, Logistik – um nur ein paar Bereiche zu nennen.

Tanja Eidenberg bestätigt diese Gedanken mit einem lebhaften Kopfnicken. „Mitarbeitermäßig bin ich bestens aufgestellt. Mit zwei Frauen teile ich mir das Verkaufen. Die wahre Kunst allerdings liegt im Einkauf, dass man die rechte Ware zur rechten Zeit hat. Und dass man auch immer mal wieder etwas Neues anzubieten hat. Wenn immer die gleichen Artikel in den Regalen liegen, wird es für den Kunden auch irgendwann langweilig, ermüdend…deshalb bin ich regelmäßig in Köln bei der Süßwarenmesse und hole mir Inspirationen.“

Sag mal, wieviel Artikel sind überhaupt im Angebot?

Große Fragezeichen in den Augen der Chefin, dann die Antwort: „Spätestens bei der nächsten Inventur werde ich’s wissen – aber ich schätze gut über 1000.“ Große Unternehmen haben ihre Ware im Computer gespeichert, und immer, wenn etwas verkauft wird, wird’s automatisch vom Warenbestand abgezogen. So weiß man immer, was noch da ist, und ob neu bestellt werden muss. Funktioniert das bei Tanja Eidenberg ähnlich?

„Ja, ähnlich…,“ schmunzelt die Chefin, „allerdings ohne Computer. Der Computer, der genau registriert, was noch in den Regalen ist, dieser Computer bin ich. Ich gucke genau hin, und wenn sich ein Regal so langsam, aber sicher leert, dann bestelle ich nach. Die meisten Lieferanten sind tatsächlich sehr schnell, können in zwei, drei Tagen anliefern.“

Gibt es Highlights bei den Produkten?

„Eindeutig meine Salmilutscher, die englischen Weingummis, Sahnetrüffel und Bärentatzen, ein Gebäck aus Nougatcremefüllung.“

Sag mal, und wie sieht die Logistik in den sogenannten besonderen Phasen aus – also Ostern, Weihnachten, 1. Mai, Valentinstag, Vatertag, Muttertag…?

„Mittlerweile habe ich natürlich ein Gefühl dafür, wie weit im Voraus ich ordern muss, und ich kann auch die Mengen gut einschätzen. Aber es kann schon mal was schief gehen…“ Beispielsweise? „Als wir einmal über die Ostertage über 30 Grad hatten und keiner in den Laden kam. Dreimal dürfen Sie raten, wer auf meinen Eiern sitzen geblieben ist…ICH.“

Sag mal, sind das denn Momente, in denen man es bereut, sich selbständig gemacht zu haben?

„Natürlich gibt es immer mal wieder schlaflose Nächte. Derzeit sowieso, weil wir in der Pandemie-Zeit letztendlich alle ums Überleben kämpfen. Aber unterm Strich gesehen war meine Entscheidung absolut richtig.“

Als Tanja Eidenberg mit 18 Jahren bei Hussel angefangen hat, war sie so schüchtern, dass sie ihre Kunden gar nicht in die Augen geguckt hat. Erst, nachdem sich eine Kundin beschwerte, die Verkäuferin möge sie richtig angucken, hat sich das Auftreten verändert. Seit Jahren ist Tanja Eidenbergs Markenzeichen, dass sie jeden Kunden und jede Kundin an der Tür mit einem charmanten Lächeln begrüßt und mit einem Lächeln verabschiedet. „Die Menschen, die zu mir kommen, sind es doch, die mir das Geld bringen,“ sagt Tanja Eidenberg, „und ich möchte, dass sie mit ihrem gekauften Glück in der Tüte gut gelaunt nach Hause gehen.“ Apropos Geld…Tanja Eidenberg ahnt die letzte Frage: „Einen Süßwarenladen zu führen macht einen nicht reich – aber es macht unglaublich glücklich.“

Vielen Dank, für dieses „Sag mal …“, Tanja Eidenberg von Hussel im Stadtzentrum Schenefeld.

Das Interview haben wir im März 2021 geführt.