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Sag mal – was macht eigentlich …

 

Jessica Barke vom Casino Schenefeld …

 

‚Rien ne va plus‘ – das ist die Ansage des Croupiers beim Roulette, um die Platzierungen der Einsätze zu beenden: ‚Nichts geht mehr‘  –  wenn die Jetons auf dem Tableau liegen, und wenn der Croupier die kleine weiße Elfenbeinkugel in den sich drehenden Kessel geworfen hat, und zwar entgegengesetzt zur Drehrichtung. Wer schon einmal in einer Spielbank sein Glück versucht hat, der (die) kennt den Nervenkitzel zwischen Rien ne va plus und dem Moment, in dem die Kugel ins Feld einer Zahl fällt! Ins Feld der Gewinnzahl! Im Casino Schenefeld, im Westflügel des Stadtzentrums Schenefeld, waren es schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen über 18, die seit Gründung 1997 ihre Einsätze gebracht haben. Jessica Barke ist im Casino die Direktorin, und die erste Frage an sie.

Sag mal, Jessica Barke, gewinnt die Bank immer?

„Ein klares Ja – auf lange Sicht schon. Das sind die Gesetze der Mathematik. Für den Spieler besteht die Kunst darin, im richtigen Moment aufzuhören. Idealerweise dann, wenn er gewonnen hat. Aber viele können das nicht. Wenn es gut gelaufen ist, versuchen viele ihr Glück noch einmal…und das kann schon mal richtig schief gehen.“ Pause, dann: „Man kann das Glück im Spiel zwar herausfordern – aber niemand sollte sich darauf verlassen.“

Jessica Barke ist im Spielbankgeschäft eine Quereinsteigerin. Die gebürtige Kielerin ist gelernte Schifffahrtskauffrau, „aber,“ sagt sie, „von der Schifffahrt hatte ich irgendwann die Nase voll. Ich wollte einfach etwas ganz anderes machen.“ So wechselte sie zur Spielbank SH GmbH, die als Muttergesellschaft in Schleswig-Holstein fünf Casinos betreibt. Der Job im Management, die neuen Herausforderungen machten ihr Spaß, Jessica Barke bildete und entwickelte sich weiter und erhielt letztendlich Prokura, die  handelsrechtliche Vollmacht, alle Arten von Rechtsgeschäften für den Betrieb vorzunehmen.

Sag mal, Jessica Barke, und wann wurden Sie in dem Unternehmen dann Spielbankchefin?

„Ich war 35, als ich die Chance bekam, die Casinoleitung in Travemünde zu übernehmen. Travemünde – das war damals ein Highlight in einem mondänen Ostseebad. Das Casino Travemünde galt als absoluter Magnet für Menschen, die an einem besonderen Ort ihr Glück versuchen wollten. Für manche Herrschaften allerdings war ich in dieser Position ein wahrer Kulturschock! Eine Exotin! Eine Frau als Spielbankchefin – und außerdem hatte ich nie zuvor als Croupier gearbeitet.“

Und wie ging das?

„Ich übernahm den kompletten kaufmännischen Bereich und die Organisation, ein Kollege aus dem Casino Kiel wurde technischer Leiter – so bildeten wir ein perfektes Führungsduo.“

Als das Casino Travemünde nach Lübeck wechselte, wechselte auch Jessica Barke. Seit dem 1. April 2013 nun leitet sie als Direktorin das Casino in Schenefeld, das größte, das von der Spielbank SH betrieben wird. Der reine Spielbereich ist mehr als 1000 Quadratmeter groß, gut temperiert direkt unter dem Kuppeldach. Poker, Black Jack und Roulette wird hier an den Tischen gespielt, ein Heer von Automatenspielen kann bereits mit einem einzigen Cent in Gang gebracht werden! Ein Hauch von Las Vegas. Der reguläre Eintritt in das Casino kostet zwei Euro, Gäste, die häufiger kommen, können zwischen einer Monatskarte zum Preis von 15 Euro und einer Jahreskarte für 60 Euro wählen. Das Casino öffnet morgens um zehn, nachts um drei heißt es dann Rien ne va plus – nichts geht mehr.

Bis nachts um drei? Jessica Barke bemerkt das Erstaunen: „Klar,“ sagt sie, „wir sind ein Casino und kein Einzelhandel…“

Sag mal, Jessica Barke, früher assoziierten Casinos Plüsch, Pomp, Kronleuchter und Abendgarderobe mit Federboa. Im Casino Schenefeld hat die Hamburger Star-Designerin Ulrike Krages eine tolle Kombination aus Exklusivität, inspirierender Coolness und Loft-Chic geschaffen. Kein Plüsch, kein Pomp…hat sich auch die Garderobe geändert? Tragen die Herren noch Schlips und die Damen Federboa…?

Jessica Barke schmunzelt, antwortet: „Wenn sich jemand richtig schick machen möchte – gern, wir freuen uns. Aber Schlips-oder Jackettpflicht sind Vergangenheit. Die Zeiten, in denen man Menschen, die bereit sind, viel Geld auszugeben, vorschreiben kann, was sie anzuziehen haben, sind vorbei. Mit Jeans, T-Shirt und Turnschuhen kann zu uns jeder rein. Allerdings,“ und das ist Jessica Barkes klare Ansage, „mit Jogginghose und Badeschlappen ist auch bei uns Schluss.“

Wie sieht eigentlich Ihre Kundschaft aus? Mehr Männer oder mehr Frauen, mehr Ältere als Jüngere?

Jessica Barke: „Unsere Gästeschar ist bunt – alle Altersgruppen, alle Nationalitäten. Man muss 18 Jahre alt sein, um eingelassen zu werden.“

Sag mal Jessica Barke, es sind sicher viele Stammgäste…duzen Sie manche von Ihnen?

„Wir versuchen schon, einen persönlichen, familiären Charakter zu leben. Aber natürlich auf Distanz. Sicher, manche kennen wir schon sehr, sehr lange, sehen sie täglich – und dann bleibt ein Duzen manchmal nicht aus.“

Und was ist, wenn plötzlich jemand kommt, der alles verspielt hat, keine EC-Karte und kein Bargeld für die Fahrt nach Hause hat? Und wenn der Sie dann fragt, haste mal ne Mark…?

Jessica Barke lehnt sich zurück, sagt: „Das kommt vor – allerdings sehr selten. Tatsächlich haben wir für solche Situation die Institution ‚Reisedarlehn‘. Das bedeutet, wir leihen der Person dann tatsächlich das Geld fürs Taxi nach Hause – und bis heute hat auch jeder nach ein paar Tagen das Geld wieder zurückgebracht. Unser Vertrauen also ist noch nicht enttäuscht worden.“

Sag mal, was sollte man bedenken, wenn man in eine Spielbank wie das Casino Schenefeld geht? Wenn man sich auf ein Spiel einlässt?

„Ganz einfach: Wenn man in die Spielbank geht, sollte man wissen: Ich spiele aus Spaß. Mit Glück gewinne ich – mit weniger Glück verliere ich. In jedem Fall sollte man bereit sein, das Kapital, das man einsetzt, zu verlieren. Und man sollte sich auf ein paar schöne Stunden, auf einen interessanten Abend, auf Drinks an der Bar, auf den Nervenkitzel freuen.“

Und was geht eigentlich gar nicht?

Klare Ansage von Jessica Barke: „Also, wenn jemand dringend Geld braucht und glaubt, sich das Geld im Casino zu holen, das ist der falsche Ansatz. Da kann es gut sein, dass man danach noch dringender und vor allem noch mehr Geld benötigt…“

Ein wichtiges Thema ist die Spielsucht. Die Definition dafür liest sich so: Eine Spielsucht bezeichnet eine Impulskontrollstörung, die es dem Betroffenen unmöglich macht, auf Glücksspiele, Computerspiele, Gewinnspiele etc. zu verzichten auch wenn bereits private, persönliche oder finanzielle Probleme sichtbar werden. Rund zwei Drittel der Betroffenen sind Männer. Spielsucht ist – wie Experten sagen – nicht heilbar. Man könne sie allerdings zum Stillstand bringen…

Sag mal, Jessica Barke, wie gehen Sie im Casino Schenefeld mit Menschen um, von denen Sie denken, sie seien spielsüchtig und müssten geschützt werden – vor allem vor sich selbst?

„Spielerschutz ist für uns ein sehr wichtiges Thema, all unsere Mitarbeiter sind auch darin geschult, zu reagieren, wenn sie den Verdacht einer Spielsucht bei einem Gast vermuten.“

Wie machen Sie dann?

Jessica Barke: „Wenn es öfter vorkommt, dass ein Gast mehr Geld verloren hat als er wollte…er aber immer wieder sehr emotional nachlegt, dann sprechen wir ihn an. Wir führen ein Gespräch mit ihm und legen ihm nahe, sich im eigenen Interesse sperren zu lassen und idealerweise eine Therapie zu beginnen. In den allermeisten Fällen sind die Gäste uns dankbar dafür und lassen sich freiwillig sperren. Wenn die Einsicht allerdings nicht erfolgt, dann haben wir keine andere Möglichkeit, als eine Sperre auszusprechen. Und die gilt dann natürlich für alle Spielbanken in Deutschland.“

Sag mal, Jessica Barke, wie ist Ihr Verhältnis eigentlich zum Glücksspiel? Sie sagen, sie würden gern im privaten Kreis um Gummibärchen pokern…sind Sie auch mal in einer anderer Spielbank beim Glücksspiel anzutreffen?

„Ich spiele manchmal, natürlich. Aber ich muss schon zur Konkurrenz gehen, um meine Einsätze zu bringen. Ich darf weder im Casino Schenefeld noch in den Casinos, die zu unserer Muttergesellschaft gehören, spielen. Selbst für meinen Lebensgefährten gilt diese rote Karte.“

Und was spielen Sie, wenn Sie Ihr privates Kapital einsetzen?

Jessica Barke: „Am liebsten Roulette, aber auch immer mal Black Jack.“

Und wie sieht Ihre Bilanz aus?

Jessica Barke lacht: „Sie ist ausgeglichen. Das liegt aber auch daran, dass ich eine eher geizige Spielerin bin und wenig setze. Ich habe nie mehr als 100 oder 200 Euro dabei. Und vor allem kann ich aufhören, wenn ich gewonnen habe. Ich gehöre nicht zu den abergläubischen  Spielern, die den Tisch wechseln, weil der Croupier dort so wahnsinnig sympathisch aussieht…“

Sag mal, Jessica Barke, Las Vegas, Monte Carlo – die Hochburgen, die Spielerparadiese, dort haben Sie sicher auch schon mal gesetzt, oder…?

„Natürlich, ich muss ja schließlich wissen, wie es dort aussieht. Aber ehrlich – Las Vegas hat mich erschlagen, und Monte Carlo hat mich enttäuscht. Der Glanz der 50iger Jahre  ist längst verblichen…“

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Jessica Barke, eine Frau mit Charme und Kompetenz. Ihr Job als Direktorin im Casino Schenefeld ist kein Spiel, schon gar kein Glücksspiel – ihr Job ist es, die nächsten Jahre zu planen, Mitarbeiter zu rekrutieren und sie ausbilden zu lassen. Ihr Job ist es, das Casino in die Zukunft zu führen. Jessica Barke – eine besondere Frau, die ihren Weg geht…und auf dem Weg gibt’s kein ‚Rien ne va plus‘ – kein ‚Nichts geht mehr…‘